Der Österreicher Fritz Getlinger kam durch seine Frau Josefa Ortmann, die seit 1948 Schauspielerin am „Theater am Niederrhein“ war, 1950 nach Kleve und entwickelte sich u.a. als Photograph der Tageszeitung „Rheinische Post“ zu einem der wichtigsten Bild-Chronisten der Stadt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Auf Drängen der Familie absolvierte er zunächst eine Lehre als Friseur, hegte aber bereits im jugendlichen Alter ein Interesse an Photographie. Seine erste Kamera kaufte er mit 17 Jahren, sein erstes Bild war das seiner Mutter, ausgeleuchtet in dramatischen Kontrasten. 1949 legte er eine Ausbildung in Hamburg ab.
In Kleve hielt er die Not der Menschen in der im Zweiten Weltkrieg stark zerstörten Stadt fest. Auch ihren Wiederaufbau und die Wirtschaftswunderjahre begleitete er photographisch. Seine Frau vermittelte ihm den Zugang zur Theaterszene, jahrzehntelang begleitete er die Schauspieler bei ihren Aufführungen.
Beliebt waren auch seine Bildreportagen aus Südeuropa, Nordafrika und Asien, in denen er dem Niederrheiner sog. „Menschenbilder“ aus fremden Kulturen zeigte.
Bis heute bekannt machen Getlinger vor allem seine Photos von Joseph Beuys. In Kleve knüpfte Getlinger Kontakte zur Kunstszene, machte Aufnahmen u.a. von Hanns Lamers und Hermann Teuber. Beuys lernte er 1950 im „Belvedere“ des Malers B.C. Koekkoek kennen, das damals Hanns und Ilse Lamers als Wohnturm diente.
Der 29-jährige Joseph Beuys hegte großes Interesse an den Bildern des zehn Jahre älteren Photographen, und die beiden freundeten sich an. Im selben Jahr hielt Fritz Getlinger ihn in sensibel ausgeleuchteten Porträts fest, die schon das Charisma des Weltkünstlers erahnen lassen. Sie zeigen den jungen und nachdenklichen Künstler u.a. am Fenster von Lamers‘ Atelier.
Auch in den Jahrzehnten danach begleitete ihn Getlinger bei nahezu jedem Klever Besuch mit der Kamera. Und in der Zwischenzeit war – so ist es in Getlingers Aufnahmen zu sehen – aus Beuys der Künstler von Weltrang geworden, der die allgemein bekannten Attribute Hut und Fischerweste trug.
Die wichtigste Serie, die Fritz Getlinger für Joseph Beuys geschaffen hat, ist die sog. „Bewerbungsmappe“ von 1961 für die Professur an der Düsseldorfer Kunstakademie. Anstatt originale Werke einzureichen bat Beuys seinen Freund, davon Aufnahmen in Schwarzweiß anzufertigen. Im September 1961 schickte ihm Beuys einen Brief mit der frohen Kunde, dass „unsere Arbeit (besonders deine) nicht umsonst war“. Fritz Getlinger hatte ihm mit seinen Bildern geholfen, seine Berufung zu finden.
Joseph Beuys sollte es ihm mit lebenslanger Freundschaft danken.
Fritz Getlinger (links) und Joseph Beuys, bei den Abgussarbeiten für seine Jahrhundert-Arbeit „Straßenbahnhaltestelle“ in Kleve, 1976
Fritz Getlinger, Joseph Beuys (1921–1986) mit seinem Werk „Grauballemann“ (1952 von ihm geschaffen) in seinem Atelier im Klever Kurhaus (heute Museum Kurhaus Kleve), 1961
Fritz Getlinger, Joseph Beuys (1921–1986) und die „Straßenbahnhaltestelle“: Beuys präsentiert den Querschnitt der Straßenbahnschiene von der „Cupido-Säule“, 1976
Fritz Getlinger, Der Künstler Joseph Beuys (1921–1986) mit seiner zu diesem Zeitpunkt gerade erst kennengelernten Freundin und späteren Ehefrau, Eva Wurmbach, im Tiergarten Kleve, 1958
Fritz Getlinger, Eröffnung der Ausstellung von Joseph Beuys im damaligen Städtischen Museum Haus Koekkoek (heute Stiftung B.C. Koekkoek-Haus) in Kleve, 1961
Fritz Getlinger (links) und Joseph Beuys, bei den Abgussarbeiten für seine Jahrhundert-Arbeit „Straßenbahnhaltestelle“ in Kleve, 1976
Fritz Getlinger, Joseph Beuys (1921–1986) mit seinem Werk „Grauballemann“ (1952 von ihm geschaffen) in seinem Atelier im Klever Kurhaus (heute Museum Kurhaus Kleve), 1961
Fritz Getlinger, Joseph Beuys (1921–1986) und die „Straßenbahnhaltestelle“: Beuys präsentiert den Querschnitt der Straßenbahnschiene von der „Cupido-Säule“, 1976
Fritz Getlinger, Der Künstler Joseph Beuys (1921–1986) mit seiner zu diesem Zeitpunkt gerade erst kennengelernten Freundin und späteren Ehefrau, Eva Wurmbach, im Tiergarten Kleve, 1958
Fritz Getlinger, Eröffnung der Ausstellung von Joseph Beuys im damaligen Städtischen Museum Haus Koekkoek (heute Stiftung B.C. Koekkoek-Haus) in Kleve, 1961