Nacktheit ist eine Frage der Perspektive: Wie der nackte Körper bewertet wird, und ob ein Körper als nackt angesehen wird, hängt maßgeblich vom historischen, religiösen, sozialen und kulturellen, aber auch politischen Kontext ab. Nacktheit weckt widersprüchliche Assoziationen: Sie steht für Freiheit, Liebe und Sexualität, symbolisiert Selbstbestimmung und Handlungsmacht, kann Ausdruck von Stärke sein und als kraftvolles Medium für Protest fungieren.
Nacktheit kann aber auch Verletzlichkeit bedeuten, mit Entblößung und Scham assoziiert werden. Der nackte Körper unterliegt gesellschaftlichen Normierungen, sei es in Bezug auf Geschlecht und sexuelle Orientierung, Hautfarbe, Körperformen oder auf Gesundheit und Fitness.
Die Ausstellung „Der nackte Körper – Eine Frage der Perspektive“ vom 26. November 2021 bis 30. Januar 2022 war ein Kooperationsprojekt zwischen dem Museum Kurhaus Kleve und dem sozialwissenschaftlichen Bachelor-Studiengang „Gender and Diversity“ an der Hochschule Rhein-Waal.
Studierende der sozialwissenschaftlich ausgerichteten Gender and Diversity Studies entwickelten als Jungkurator*innen die Ausstellung entlang dreier Themenkomplexe: Die künstlerische Darstellung, aber auch der Bruch mit den Idealen des nackten Körpers rückten in den Fokus. Das Augenmerk wurde auf Kunstwerke, die Nacktheit positiv und selbstermächtigend präsentieren, gelenkt. Dekoloniale Perspektiven (in Überwindung rassistischer Zuschreibungen) auf den nackten Körper in der Kunst wurden eröffnet. Damit stand die Ausstellung für das Ringen um ein anderes, emanzipatorisches Narrativ mit Blick auf Nacktheit.
Gezeigt wurden Werke aus der Sammlung des Museums Kurhaus Kleve, thematisch ergänzt um Leihgaben sowie um eigens für die Ausstellung angefertigte künstlerische Arbeiten von Studierenden des Studiengangs „Information and Communication Design“ der Hochschule Rhein-Waal, welche unter der Leitung der Künstlerin und Photographin Kirsten Becken entstanden sind. Das Spektrum der gezeigten Kunstwerke umfasste Skulpturen, Malerei, Zeichnungen, Graphik, Photographie, aber auch Filme und Videos, und reichte vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart.
Zur Ausstellung erschien ein Booklet. Ein umfangreiches Begleitprogramm mit Performances, Podiumsdiskussionen, Vorträgen und Workshops ermöglichte eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema. Die Ausstellung lud dazu ein, im Dialog zwischen Kunst (-geschichte) und „Gender and Diversity“ Studies gängige Perspektiven auf den nackten Körper zu reflektieren und in Bezug auf Körpernormen und koloniale Prägungen herauszufordern, einen Blickwechsel zu wagen vom nackten Körper als Objekt zum Subjekt, zur Handlungsfähigkeit.
Teilnehmende Künstler*innen
Ellen Auerbach
Stephan Balkenhol
Kirsten Becken
Joseph Beuys
Jodi Bieber
AA Bronson
Kennedi Carter
Emil Cimiotti
Sophia Cockburn
Marlene Dumas
Va-Bene Elikem Fiatsi (crazinisT artisT)
Andrea Fraser
Renée Green
Hendrick Goltzius
Hanns Lamers
Jocelyn Lee
Alla Magdina
Gerhard Marcks
Ewald Mataré
Zanele Muholi
Richard Phillips
R.H. Quaytman
Pipilotti Rist
Jürgen Teller
Ming-Jing Tsai
Paloma Varga Weisz
Kefan Weng
Franz West
Johann Andreas Wolff
Tobias Zielony
und mehr.
Kurator*innen-Team
Die Ausstellung wurde initiiert von Crystal Hassell (Hochschule Rhein-Waal) und kuratiert von den Studierenden Runa Autzen, Konul Bilalova Boecker, Stephanie Finkler, Karen Gumiel-Silva, Crystal Hassell, Farhin Sohan Kabir, Aylin Klisura, Jana Küppers, Luna Orsini, Rutu Gole, Zama Madondo, Yi-Ning Su, Tamunosiki Tende, Lynn Marie Watzka (alle Hochschule Rhein-Waal).
Die Studierenden wurden angeleitet von Gerd Borkelmann, Alexandra Eerenstein (freie Mitarbeiter*innen des Museum Kurhaus Kleve), Eva Maria Hinterhuber (Hochschule Rhein-Waal) und Valentina Vlašić (Museum Kurhaus Kleve).
Begleitprogramm
Die Ausstellung wurde durch ein umfangreiches Begleitprogramm komplettiert:
Teams von Kurator*innen und Studierenden boten thematische Führungen an.
Eine Podiumsdiskussion brachte die verschiedenen Perspektiven auf den nackten Körper in der Kunst seitens der Gender Studies, des künstlerischen Schaffens, der Kunstpädagogik und des Kuratierens miteinander ins Gespräch.
Atlanta Ina Beyer beschäftigte sich in ihrem Vortrag mit männlicher Homoerotik, Zensur und uneingestandenem Verlangen.
Ein Filmabend eröffnete die Möglichkeit, gemeinsam Zanele Muholis „Difficult Love“ zu sehen und sich mit queeren, aber auch dekolonialen Positionen in der Kunst auseinanderzusetzen.
Von Kirsten Becken, Gerd Borkelmann und Alexandra Eerenstein gemeinsam mit Studierenden geleitete Workshops luden zur aktiven, auch künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Thema ein.
Und künstlerische Performances der Bodypainterin Corinna Lenzen zum Thema nackter Körper sowie vom niederländischen Künstlerduo „mir*pluck“ im Kontext mit Queerness bereicherten Vernissage und Finissage.
Hochschule Rhein-Waal
Die Ausstellung stellte das erste Kooperationsprojekt des Museum Kurhaus Kleve mit der Hochschule Rhein-Waal dar.
Gefördert durch
Ministerium für Kultur und Wissenschaften des Landes Nordrhein-Westfalen
Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V.
Eröffnung der Ausstellung am 26. November 2021 im Museum
Bodypainting Performance „Der nackte Körper“ von Corinna Lenzen, während der Eröffnung
Die Projektleiterin von akademischer Seite, Prof. Dr. Eva Maria Hinterhuber von der Hochschule Rhein-Waal
Projektleiterin von musealer Seite, Valentina Vlašić (rechts), zusammen mit einer der Initiatorinnen von studentischer Seite, Crystal Hassell (Mitte), und Eröffnungsmusikerin DJ Eliza Tryptofun aus Maastricht (links)
Mitwirkende Künstlerinnen und Kuratorinnen
Blick in die Ausstellung mit Arbeiten von Kirsten Becken
Blick in die Ausstellung mit Werken von Ming-Jing Tsai (hinten an der Wand) und Stephan Balkenhol (Skulptur vorne)
Eröffnung der Ausstellung am 26. November 2021 im Museum
Bodypainting Performance „Der nackte Körper“ von Corinna Lenzen, während der Eröffnung
Die Projektleiterin von akademischer Seite, Prof. Dr. Eva Maria Hinterhuber von der Hochschule Rhein-Waal
Projektleiterin von musealer Seite, Valentina Vlašić (rechts), zusammen mit einer der Initiatorinnen von studentischer Seite, Crystal Hassell (Mitte), und Eröffnungsmusikerin DJ Eliza Tryptofun aus Maastricht (links)
Mitwirkende Künstlerinnen und Kuratorinnen
Blick in die Ausstellung mit Arbeiten von Kirsten Becken
Blick in die Ausstellung mit Werken von Ming-Jing Tsai (hinten an der Wand) und Stephan Balkenhol (Skulptur vorne)