„Mapping Identity“ war von April bis Oktober 2018 ein interkulturelles Kunstprojekt des Museum Kurhaus Kleve, mit dem der Dialog zwischen in Kleve lebenden Menschen unterschiedlicher Herkunft mit den Mitteln der Kunst unterstützt wurde. Anhand einer siebenteiligen Veranstaltungsreihe an mehreren Orten in und um Kleve aus jeweils unterschiedlichsten Angeboten (aus Vorträgen, Führungen, praktischem Kunstschaffen, szenischen Auseinandersetzungen, Stadtrundgängen, Begegnungen, Gesprächsrunden und mehr) wurden interkulturelle Diskurse gefördert, neue Begegnungsformen getestet, neue Zuschauergruppen erreicht und kulturelle Vielfalt erlebbar gemacht.
Praktisch umgesetzt wurde das interkulturelle Kunstprojekt „Mapping Identity“ durch feste und freie pädagogische Mitarbeiter*innen des Museum Kurhaus Kleve und des Integrationszentrums „Alte Post Kleve“, die sich nicht nur aus Kunsthistoriker*innen und Kunstvermittler*innen, sondern auch aus Künstler*innen, Kultur- und Theaterpädagog*innen, Gästeführer*innen der Stadt Kleve und mehr zusammensetzten.
Obwohl mehrere Institutionen beteiligt waren, war der Initiator des Kunstprojekts das pädagogische Team des Museum Kurhaus Kleve, das sich als Vertreter der bedeutendsten Klever Kulturinstitution in der Pflicht sieht, eine starke vermittlungstechnische Funktion in der Bürgerschaft einzunehmen. Durch die Vermittlungskraft von Kultur wurde ein Beitrag zur Integration geleistet, um zwischen einheimischen und zugezogenen Bürger*innen einen kontinuierlichen Prozess der Offenheit, des Respekts und der Toleranz zu betreiben und aufrechtzuerhalten.
Die Pädagog*innen des Museums ermöglichten Zugewanderten eine theoretische und praktische Auseinandersetzung mit den Werten der Klever Gesellschaft, indem sie ihnen Zugang zu kulturellen Angeboten gaben, die das ihnen Vertraute mit etwas Neuem verbanden und für eine positive Dynamik in ihrer Lebensplanung sorgten. Durch die behutsame Vermittlung von Wissen und durch Begegnungen auf Augenhöhe zwischen Einheimischen und Zuwanderern wurde zur Integration in die Klever Gesellschaft und zum beidseitigen Verständnis für Interkulturalität beigetragen.
An sechs der sieben Veranstaltungstermine kamen Einheimische und Zugewanderte zusammen, um mehr über die kulturelle Identität der Stadt Kleve und der Bürger*innen zu erfahren. Ausländische Jugendliche und Erwachsene mit einer Gruppengröße bis max. 25 Personen erhielten die Möglichkeit, an Veranstaltungen mit jeweils wechselndem Fokus teilzunehmen, die ihnen eine Übersicht über die geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Aspekte boten, die die Klever Gesellschaft kennzeichnen.
In der Veranstaltungsreihe wurden nicht nur Kunst und Geschichte behandelt, sondern gemäß einem „erweiterten Kulturbegriff“ (Beuys!) auch Lebensformen, Wertesysteme oder Traditionen vorgestellt. Der Begriff von Kultur wurde auf breiter Basis vermittelt. Elemente der Hochkultur wurden, zum besseren Verständnis, nahtlos verzahnt mit Aspekten der Alltagskultur, Erinnerungskultur, Soziokultur, Heimatkultur, Wohnkultur, Esskultur und mehr.
Mit diesem Vorwissen hatten am siebenten Veranstaltungstermin „vice versa“ Zugewanderte die Möglichkeit, Klever*innen einen Einblick in ihre fremde Kultur zu geben.
Um breitere und bisher nicht angesprochene Bevölkerungsgruppen zu erreichen, wurde das Projekt durch die teilnehmenden Protagonist*innen photographisch und filmisch begleitet und über die sozialen Medien verbreitet. Zum Ende des Projekts, beim siebenten Veranstaltungstermin, fanden für alle Interessierten (ohne Teilnehmerbeschränkung) ein Präsentationstag und ein Fest statt, bei dem alle über ihre Erfahrungen sprachen und Ergebnisse ihres Projekts präsentierten. In einer filmischen Zusammenfassung wurde das Dokumentarmaterial uraufgeführt und erklärt.
Programm
1. Kunst und Geschichte in Kleve, 20.–22. April 2018
Das vergleichsweise kleine Kleve mit ca. 53.000 Einwohner*innen besitzt eine hochbedeutende Historie, die eng mit den Bauwerken und Kunstwerken in der Stadt verbunden ist. Bis heute nimmt die Auseinandersetzung mit Kunst und Geschichte einen hohen Stellenwert in der Stadt ein, es gibt eine hohe Dichte an hochwertig betriebenen musealen Institutionen und in Kunstvereinen organisierten Bürger*innen. Welche Bedeutung Kultur und Geschichte in Kleve genießt, wurde den Teilnehmer*innen an diesem Veranstaltungswochenende nähergebracht.
2. Klever Gärten, 18.–20. Mai 2018
Das Museum Kurhaus Kleve ist inmitten einer historischen Parklandschaft gelegen. Der älteste Teil der Klever Gärten besteht aus einer terrassierten Brunnenanlage und einem Kanal, der in der Mitte des 17. Jahrhunderts vom Statthalter Brandenburgs, Johann Moritz von Nassau-Siegen, zusammen mit dem niederländischen Architekten Jacob van Campen geplant wurde. Der Öffentlichkeit zugänglich, fungierte die Anlage auch als Freilichtmuseum, in dem antike und zeitgenössische Kunstwerke sowie Wasserspiele bewundert werden konnten.
Als 1742 eine Heilquelle an der Flanke des Springenberges eröffnet wurde, strömten Kurgäste in großer Zahl nach Kleve und belebten den rund ein Jahrhundert zuvor geschaffenen Garten neu. Für sie wurde Ende des 18. Jahrhunderts ergänzend zum barocken Park ein zweiter Garten geschaffen, der so genannte „Forstgarten“, der sich durch eine Vielzahl unterschiedlicher und teils exotischer Bäume auszeichnet.
Die Klever Gärten wurden 1993 als Europäisches Gartendenkmal ausgezeichnet und stellen bis heute ein identitätsstiftendes kulturhistorisches Erbe dar.
3. Bedeutende weibliche und männliche Klever Persönlichkeiten, 15.–17. Juni 2018
In den vergangenen Jahrhunderten entstammten aus oder lebten in Kleve bedeutende weibliche und männliche Persönlichkeiten: Elsa von Brabant, die sich in der Schwanenrittersage wiederfindet, die Richard Wagner im 19. Jahrhundert für sein epochales Operndrama „Lohengrin“ adaptierte; Katharina von Kleve; Wilhelm der Reiche; Anna von Cleve; die durch Lucas Cranach d.Ä. porträtierte Sibylle von Cleve; der Rembrandt-Schüler Govert Flinck; der humanistische Fürst Johann-Moritz von Nassau-Siegen; Jean Baptiste „Anacharsis“ Cloots; Barend Cornelis Koekkoek und nicht zuletzt Joseph Beuys, um nur einige wenige zu nennen.
Neben kurzen Überblicken über die Biographien der genannten Personen sollen den Teilnehmer*innen bei diesem Termin quasi „en passant“ ebenfalls in Deutschland bedeutende frauenrechtliche, erbrechtliche oder religionsspezifische Aspekte mitgeteilt werden.
4. Klever Kulinarik, 6.–8. Juli 2018
Niederrheinisches Essen und typische Klever Hausmannskost können für Ausländer*innen und vor allem für Flüchtlinge eingangs ungewöhnlich und regelrecht absonderlich anmuten.
Was sind Erdbeeren? Was ist Rhabarber und was überhaupt ist Spargel? Was verbirgt sich hinter Begriffen wie „Himmel und Erde“ oder „Möhrchen untereinander“? Wie sind die Gepflogenheiten beim Essen? Wann isst man Pfannkuchen, wann Schwarzbrot und womit kombiniert man Kaffee? Und wie wird z.B. Grünkohl angerichtet, der angeblich so gesund ist?
5. Kirche und Kunst in und um Kleve, 10.–12. August 2018
Welche Funktionen besaßen Kunstwerke im Mittelalter und welche besitzen sie heute? Wer waren die wichtigsten Auftraggeber*innen für Kunstwerke im Mittelalter? Und wie wird heute mit Kunstwerken aus dem Mittelalter umgegangen? Welche Maßnahmen werden zu ihrer Erhaltung ergriffen? Welche Wertschätzung bringen ihnen die Klever gegenüber?
Neben fundamentalen mittelalterlichen Werken und der Bedeutung ihrer Erhaltung werden den Teilnehmer*innen an diesem Veranstaltungswochenende auch neue Berufsbilder im kulturellen Bereich – die der Restaurator*innen – vorgestellt.
6. Berufe im Kunstbereich in Kleve, 21.–23. September 2018
Welchen Stellenwert genießen Berufe in der Klever Gesellschaft? Welche essentiellen Aspekte sind mit dem Beruf verbunden? Welchen Einfluss nimmt der Beruf in das Privatleben und in die Freizeitgestaltung des Klevers bzw. der Kleverin?
7. „Vice Versa“, 7. Oktober 2018
Nachdem die Teilnehmer*innen sechs Mal die Möglichkeit hatten, zahlreiche Aspekte der Alltagskultur, Erinnerungskultur, Soziokultur, Heimatkultur, Wohnkultur, Esskultur und mehr in und um Kleve kennenzulernen, sind sie bei diesem siebenten Termin aufgefordert, mit Unterstützung der beteiligten Pädagog*innen Klever*innen einen Einblick in ihre fremde Kultur zu geben.
Ohne Teilnehmerbeschränkung fand im Museum Kurhaus Kleve für alle Interessierten ein „Tag der offenen Tür“ statt, bei dem sich die Menschen mit den für sie wichtigsten und identitätsstiftenden Aspekten ihres jeweiligen Herkunftslandes vorstellten. Dabei standen sowohl kulturelle als auch kulinarische oder musikalische Aspekte im Fokus.
Dieser „Tag der offenen Tür“ mündete in einem Fest für Jung und Alt, das in einer gemeinsamen Präsentation kulminierte, bei der alle Teilnehmer*innen über ihre Erfahrungen sprachen und die Ergebnisse des Projekts präsentierten. In einer filmischen Zusammenfassung wurde das über ein halbes Jahr aufgenommene Dokumentarmaterial uraufgeführt und vorgestellt.
Gefördert durch
Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen
Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e.V.
Mit freundlicher Unterstützung
Sparkasse Rhein-Maas – Premium-Partner des Museum Kurhaus Kleve und B.C. Koekkoek-Haus