Michael Reisch (geb. 1964 in Aachen) ist international bekannt geworden
mit Landschaftsphotographien, die einerseits durch ihre kompromisslose
und klare Komposition bestechen und andererseits durch ihre Leere und
Erstarrung die Wahrnehmung des Betrachters irritieren. Im Mittelpunkt
der Ausstellung des Museum Kurhaus Kleve stehen die neuesten Arbeiten
des Künstlers aus den Jahren 2012-13, die erstmals als geschlossene
Gruppe gezeigt werden. Es handelt sich um Bilder, in denen
Reisch seinen konzeptuellen Ansatz insofern radikalisiert, als sie ganz ohne gegenständliches Motiv auskommen.
Michael Reischs Landschaften erscheinen dank der digitalen
Bildbearbeitung geometrisch gestrafft und gereinigt. Nichts Zufälliges
oder Individuelles ist in seinen Bildern zu sehen. Selbst die freie
Natur wirkt zurechtgestutzt und unbeweglich. Die Öffnung in einer
Felswand wird am Computer zum Oval modelliert oder ein Berggipfel zum
Dreieck präzisiert. Zugleich steigert Reisch die physische Präsenz der
Bilder: So bauen sich etwa die Gesteinsformationen eines Gebirges wie
eine Wand vor dem Betrachter auf.
In den Arbeiten der beiden jüngsten Werkgruppen von Michael Reisch fehlt
das gegenständliche Motiv vollkommen. Technisch gesehen, handelt es
sich weiterhin um Photographien, inhaltlich aber treten sie in eine
Reihe mit Werken der konkreten oder minimalistischen Kunst. Sie haben
installativen Charakter und in Interaktion mit dem Raum eine geradezu
körperhafte Wirkung. Wenn die Arbeiten der einen Werkreihe allein aus
geometrischen Formen bestehen, die aus Verläufen vom Schwarz ins Weiß
gebildet werden, so zeigen die Bilder der anderen vermeintlich
Stauchungen eines feinen Tuchs oder Faltungen eines dünnen Blechs, die
tatsächlich nur aus der Modulation einer Fläche aus schwarzen, weißen
und grauen Elementen entstanden sind.
Getrieben von einer tief verwurzelten Skepsis gegen über dem behaupteten
Objektivitätsanspruch der Photographie, macht Reisch in seinen Arbeiten
sinnlich erfahrbar, wie die reale Welt durch die digitale Bearbeitung
verformt und sozusagen angefressen wird. Reisch zeigt, inwieweit
insbesondere auch photographisch erzeugte Bilder konstruiert sind und
als Konstruktionen unsere Auffassung von Realität beeinflussen. Er
bricht die kulturellen Konventionen des technisch erzeugten Bildes, um
deutlich zu machen, dass seine stets vorausgesetzte Neutralität eine
Fiktion ist. Bilder bedienen Erwartungen und erzeugen sie zugleich.